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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

BOWDENZUG

In einer Außenhülle gleitender Innenzug zur Betätigung mechanischer Bauteile wie
Bremsen oder Schaltung.

        Funktion
Innenzug und Außenhülle werden an einem Ende (z.B. Bremsgriff) gegeneinander
verschoben und ermöglichen so am anderen Ende die Betätigung einer Apparatur,
z.B. > Seitenzugbremse.

Bei anderen > Komponenten wiederum muß das Ende der Außenhülle von einem >
Kabelstopper festgelegt (gekontert) sein, damit sie bei Zugbelastung nicht
durchrutscht.

        Außenhülle
Die flexible Außenhülle gestattet die Weiterleitung von Kräften auch um Ecken
herum.

Damit erspart /man sich komplizierte mechanische Einrichtungen mit
Winkelgelenken und Gestängen, wie sie beispielsweise an Älteren englischen >
Felgenbremsen üblich waren und es heute noch in der 3. Welt vielfach sind.

Hierzu muß die Außenhülle in Längsrichtung relativ starr sein, um > Gang
(Ziehharmonikaeffekt) zu vermeiden. Man erreicht das mit schraubenförmig
aufgewickeltem Draht.

Speziell für > Index-Schaltungen wurde eine nahezu unnachgiebige Variante der
Außenhülle entwickelt ("Gang" würde hier die Schaltschrittweite verfälschen),
indem rundum mehrere sehr steil gewickelte Drähte von einer kräftigen
Kunststoffhülle fixiert und gestützt werden. Diese Hülle ist nötig, um ein
Aufspleißen dieser Züge bei kräftiger Betätigung zu vermeiden, ein Grund
übrigens, solche steil gewickelten Hüllen nie bei Bremsen zu verwenden.

Eine Außenummantelung ist übrigens auch für die normalen Außenhüllen sinnvoll,
da sie diese vor > Korrosion und Verschmutzung bewahren.

        Innenzug
Der Innenzug besteht aus 7-49 verdrallten Stahldrähten und erhält so eine hohe
Biegsamkeit, ohne in Längsrichtung nennenswert dehnbar zu sein.

Der Innenzug unterliegt dem physikal. Prinzip der > Seilreibung: Mit Zunahme der
Biegungen (und nicht der Enge der Biegung!) steigt sein > Reibungsverlust
exponentiell an. Als Bremskraftverlust deutlich spürbar ist z.B. dieser
Reibungsverlust, wenn bei der Verlegung zur Hinterradbremse die Summe aller
Biegungen 180o überschreitet; s.a. das Rechenbeispiel bei > Seilreibung.

Durch einen geringen > Reibungskoeffizienten hingegen können die
Reibungsverluste gemindert werden, weswegen die Drahtoberflächen teilweise
gleitfördernd beschichtet bzw. die Außenhüllen mit gut gleitenden Innenhüllen
ausgekleidet werden. Desgleichen wird durch die weiter unten angesprochene
Wartung der Züge sichergestellt, daß der Reibungskoeffizient und damit die
Reibungsverluste im Betrieb nicht wieder ansteigen.

Einen Sonderfall stellt der Innenzug der > Positron-Schaltung dar, der aus einem
steifen Draht besteht und sowohl Zug- als auch Druckkräfte weiterleitet.

        Verlegung
Um die Bowdenzugverlegung beim Fahrrad "lacknah" zu halten (keine Schlaufen,
kein unabsichtliches Verhakeln usw.), werden bei höherwertigen Fahrrädern die
Bowdenzüge von auf den Rahmen gelöteten Führungen gehalten, z.T. sogar durch
Rahmenrohre und Lenker verlegt.

Bei sehr langen Bowdenzügen - z.B. zur Hinterradbremse - macht sich deutlich der
oben beschriebene "Gang" bemerkbar, der bei der Bremse die Betätigungsweite
einschränkt. Aus diesem Grunde werden die Außenhüllen in der Nähe des >
Steuerrohrs und am > Sattelrohr von > Anlötteilen gegengehalten und der Innenzug
läuft "nackt" weiter.

Bei langen Zügen kann übrigens eine geknickte Außenhülle zum teilweisen oder
völligen Funktionsausfall von Komponenten führen. Eine regelmäßige Kontrolle ist
daher empfehlenswert.

        Wartung
Bowdenzüge benötigen regelmäßige Pflege und Wartung, da in den Spalt zwischen
Innen- und Außenzug über den > Kapillareffekt Schmutzwasser eindringen kann, was
zu erhöhter Reibung und sogar zum Festrosten der Züge führen kann. Sie sollten
deshalb zweimal im Jahr demontiert und frisch gefettet (Kugellagerfett) wieder
zusammengefügt werden.

Für den Winterbetrieb bei Temperaturen unter 0o C sollte etwas Glykol zum
Schmierstoff der Züge hinzugefügt werden, um deren Einfrieren zu verhindern.

        Klemmsysteme
Zur Betätigung der Bauteile muß der Innenzug kraft- oder formschlüssig sowohl
mit dem Bauteil (Bremse; Schaltung) wie auch mit dem Betätigungsteil
(Bremshebel; Drehgriffschalter verbunden sein. An diesem erfolgt die Verbindung
i.d.R. formschlüssig mittels > Bowdenzugnippel, am Bautiel i.A. durch
kraftschlüssiges Verklemmen (s.a. > Kraftschlußverbindung; >
Formschlußverbindung).

Als sicherstes Klemmsystem hat sich hierbei die Durchführung des Innenzuges
durch eine Querbohrung der Klemmschraube erwiesen, was aber an der Klemmstelle
zu einer bleibenden Verformung, teilweise sogar zu einer Beschädigung des
Innenzuges führt. Letzteres erschwert dann bei der Wartung den Aus- und v.a.

Wiedereinbau des alten Innenzuges.

Günstiger ist diesbezüglich das an höherwertigen > Komponenten übliche
Klemmsystem in einer Klemmrille, da es zuverlässig ein Flachdrücken des
Innenzuges verhindert.

Sogar mindernd in seiner Belastbarkeit für den Innenzug wirkt sich hingegen die
Verklemmung quer durch eine Gewindebohrung aus, in die dann eine Schraube
hineingedreht wird und den Innenzug verquetscht. Dabei kann es sogar zum
Abquetschen einzelner Innenzugdrähte kommen, was dann nicht nur zur erschwerten
Wartung des Bowdenzuges führt, sondern auch die Belastbarkeit des Innenzugeses
deutlich reduziert.

Anmerkung: Vgl. zur Thematik Bowdenzug auch > Hydraulikbremse; da hydraulisch
betätigte Bauteile weniger Wartungsaufwand benötigen und auch keine zusätzlichen
Reibungsverluste bei einer Zugführung mit größeren Biegungen besitzen.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000