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Online-Glossar Velotechnik von Christian Smolik

RAHMEN

Tragendes Zentral-Bauteil von Fahrrädern, das als Halterung und Grundgerüst zur
Aufnahme der > Laufräder, des > Antriebs, der Steurorgane sowie des Fahrers
konzipiert ist (BILD 27) und in seiner jeweiligen Auslegung und Bauweise den
Typus eines Fahrrades bestimmt.

Die geometrische Dimensionierung eines Rahmens beeinflußt die > Steifigkeit
sowie das > Fahrverhalten des Fahrrades, Einzelheiten s. > Rahmengeometrie und >
Rahmenbelastung.

        Materialien
Die ersten Fahrräder wurden aus Holz gefertigt (> Holzfahrrad). Ihnen folgten
geschmiedete Volleisenkonstruktionen mit entsprechend hohem Gewicht (>
Michauxline von 1867: 40 kg; > Hochrad "Xtraodinary" von 1887: 70 kg.

Rahmenkonstruktionen aus > Stahlrohren drückten das Fahrradgewicht erheblich
(Wanderer-Hochrad von 1886: 18 kg). Gleichzeitig mit dem Aufkommen des >
Niederrades um 1890 konnten auch Stahlrohre in leichterer und zugleich besserer
Qualität hergestellt werden (s. > Mannesmann). Damit begann die großindustrielle
Fertigung von Fahrrädern, Holz verschwand nahezu völlig aus dem
Fahrradrahmenbau.

Bis 1980 wurden Rahmen nun fast ausschließlich aus Stahlrohren gefertigt.

Zögerlich kamen dann einige > Aluminium-Rahmen auf den Markt, bis mit dem
Einsetzen des > Moutainbike-Booms Aluminium-Rahmen mit ca. 30% Marktanteil bei
den höherwertigen Bikes ihren Durchbruch erlangten. Daneben fanden im gleichen
Zeitraum auch > Titan und > Carbon Anwendung im Rahmenbau, wobei mit der >
Faserverbundbauweise und den z.T. als > Monocoque hergestellten  Carbonrahmen
ein neues Kapitel des > Rahmenbaus aufgeschlagen wurde.

Momentan laufen erste Bemühungen, den Werkstoff Carbon mittels > Thermoplasten
als Matrix (die faserverbindende Grundmasse > Harz wird durch Thermoplaste
ersetzt) und Tiefzieh-Verfahren (s. > Carbon: Tiefziehen von Organoblechen) auch
kostengünstig zum Rahmenbau einzusetzen.

Das (Rund-)Rohr als Bauelement der Fahrradrahmen bekommt nun erstmals Konkurenz
und auch die Rahmenform wird von den neuen Bauweisen geprägt, um die neuen
Materialien werkstoffspezifisch günstig einzusetzen, s.u., weitere Einzelheiten
s. > Rahmenwerkstoffe.

        Fügetechniken
Seit den Anfängen der Rohrbauweise ist bis heute das > Löten von in > Muffen
geführten Rohren die gebräuchlichste Rahmenfügetechnik geblieben, seit Ende der
70er Jahr  ergänzt durch verschiedene > Klebetechniken.

In den letzten Jahren eröffneten moderne > Schweißtechniken (BILD 30) der
muffenlosen Bauweise neue Möglichkeiten. Die Zwänge vorgegebener Winkelstellung
der Rohre zueinander existierten ohne Muffen nicht mehr, die Fertigung konnte
rationeller erfolgen (geringere Vorbereitungszeit).

Ihren momentanen Höhepunkt hat der Rahmen in der > Faserverbundbauweise
erreicht: Hier werden nicht mehr Rohre gefügt, sondern in > Harz getränkte
Gewebematten oder einzelne Fäden aus > Kohlefasern oder > Kevlar in einer
mehrteiligen Form zum Komplett-Rahmen (> Monocoque) zusammengesetzt (BILD 31).

Nach dem Aushärten des Harzes ist der Rahmen fertig.

Einzelheiten zu den verschiedenen Techniken s. > Rahmenbau: Bauweisen.

        Formen
Als optimale Form für die Stahlrohrbauweise hat sich seit über hundert Jahren
das Prinzip des > Diamantrahmens bewährt.

Versuche mit anderen Rahmenformen wie > Kreuz-, oder > Schleifenrahmen konnten
sich in Rohrbauweise nicht durchsetzen (v.a. weil nicht ausreichend dicke
Rohrdurchmesser verbaut wurden), lebten aber unerwartet wieder auf, als sich bei
> Carbon-Rahmen durch völlig neue, organisch anmutende Rahmenformen der
Werkstoff einfacher, kostengünstiger und werkstoffgerechter einsetzen ließ als
mit Rundrohren aus Carbon. S. hierzu > Carbon-Rahmenformen.

Zu diesem Themenkomplex (z.B. auch > Liegerad u.ä. Sonderformen) vgl. >
Rahmenformen. Siehe außerdem > Rahmenbelastung.

Tabelle: Rahmengewichte mit Gabel
Rahmentyp       Werkstoff       Gewicht in kg
Standard Damenrahmen    Stahl   3,7 bis 4,4
Standard Herrenrahmen   Stahl   3,5 bis 4,2
Hochwertiger Gebrauchsrad-Rahmen,       Stahl/Aluminium 2,5 bis 3,4
Sportrad-Rahmen Stahl   3,3 bis 4
Standard Rennradrahmen  Stahl   2,5 bis 3,2
Hochwertiger Rennradrahm.       Stahl   2,1 bis 2,5
Hochwertiger Rennradrahm.       Aluminium       1,6 bis 2,3
Hochwertiger Rennradrahm.       Titan   1,8 bis 2,3
Hochwertiger Rennradrahm.       Carbon  1,6 bis 2,0
Standard MTB    Stahl   3,5 bis 4,2
Hochwertiges MTB        Stahl   2,2 bis 2,6
Hochwertiges MTB        Aluminium       1,8 bis 2,4
Hochwertiges MTB        Titan   1,9 bis 2,4
Hochwertiges MTB        Carbon  1,5 bis 2,0
Trekking Rahmen Stahl/Alu       2,3 bis 3,6
Anmerkung: Triathlon-Rahmen in etwa wie Rennrahmen
Rahmen-aufkleber
I.d.R. auf > Gabelscheiden und > Sattelrohr der > Rahmen platzierte Aufkleber
der Rohrhersteller, die beurkunden, aus welcher Rohrsorte der Rahmen gebaut ist.

Rahmenaufkleber finden sich erst an Fahrrädern, wenn Markenrohre verbaut wurden,
sind also immer ein Qualitätsmerkmal des Rahmens. Um Fälschungen möglichst
auszuschließen, werden den Herstellern entsprechend der eingekauften Rohrsätze
abgezählte Aufkleber mitgeliefert.

Weiterhin versuchen einige Hersteller, ihre Rahmenaufkleber möglichst
fälschungssicher zu machen. Bei Columbusrohren z.B. erstrahlt unter UV-Licht das
Firmenlogo, die Taube.

Fahrradhersteller kleben die Gütesiegel z.T. vor der abschließenden
Klarlackierung auf die Rohre, so daß ein Austausch der Aufkleber Lackschäden mit
sich bringen würde. Außerdem schützt dieses Verfahren den Rahmenaufleber vor
Verkratzungen oder sonstigen mechanischen Beschädigungen.

Diesen Sicherheitsvorkehrungen entsprechend schwierig gestaltet sich bei einer
Neulackierung eines Rahmens das Besorgen der originalen Rahmenaufkleber. Ein
Grund, sich hierbei an den Rahmenhersteller zu wenden.



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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH
Christian Smolik 18.05.2000
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH
Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000