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Kapitel 2: Sonderlaufräder

Die in vorherigen Kapitel besprochenen Speichenlaufräder kreiseln sicherlich in über 95% aller Fahrräder. Für die Radsportler, insbesonders beim Zeitfahren oder im Triathlon-Bereich werden hingegen gern Laufräder eingesetzt, mit denen man dem Wind ein Schnippchen schlägt und so noch ein wenig schneller ist, oder sparsamer mit seiner Kraft umgehen kann. Erste Versuche durch aerodynamischen Hilfen schneller werden, gab es zwar bereits 1912, doch die UCI ("Union Cycliste Internationale") verbot für den Radsport jede solche damals nur erdenkliche Art von aerodynamischen Verkleidungsmöglichkeiten. Damit bliebt das Kapitel Windschnittigkeit bereits in den Kinderschuhen stecken und erst mit der Gründung der HPV-Bewegung (HPV steht für "Human Power Vehicle") in den 70er Jahren wurden Aero-Hilfen für den Radfahrer weiterverfolgt. Für den Radsport begann die Weiterentwicklung noch später und wurde durch eine regelrechte Schlitzohrigkeit eingeläutet.

 

Scheibenräder

1984 wartete Francesco Moser mit einem Fabel-Stundenweltrekord auf. In einer Stunde fuhr er 51,151 km weit und damit gleich um 1720 Meter weiter als die 12 Jahre alte Rekordmarke von keinem geringeren als Eddy Merckx. Neben seiner zweifellos guten sportlichen Form hatte Moser diesen Rekord eindeutig den sogenannten Scheibenrädern zu verdanken. Weil es verboten war die Luft zerhäckselnden Speichen mit einer Verkleidung abzudecken, ließ sich der pfiffige Italiener Laufräder bauen, die gar keine Speichen besaßen: Naben und Felgen wurden durch Faserverbundscheiben miteinander verbunden.

Da bis dato solche Laufräder weder in den Vorstellungen der UCI Funktionäre, noch in der Realität existierten, gab es auch keine Bestimmungen dafür und der UCI blieb nicht anderes übrig, als den Rekord anzuerkennen. Die Scheibenräder waren geboren, oder besser gesagt wieder entdeckt, denn bereits die allerersten Karren und Wagenräder bestanden ja aus Scheiben, wenn auch aus plumpen Holzscheiben.

Natürlich holte die UCI die Reglementierung dieser Neuigkeit sofort nach und schoß sogleich etwas über das Ziel hinaus. Man mutmaßte versteckte Geheimantrieb in den damals noch 3,5 kg schweren Scheibenrädern und bestand auf einer Einsehbarkeit ins Scheibeninneren. Als es kurz darauf aber technische Verfahren ermöglichten, die Scheibenräder sogar noch leichter als herkömmliche Speichenlaufräder zu bauen, legte sich der Argwohn und Scheibenräder jedweder Konzeption gehören heute zum Bild des Radsportes bei Straßen und Bahnrennen. Das Verbot für Laufräder mit Scheibenverkleidungen bestand aber zunächst noch weiterhin. Doch dann holten die UCI die eigene Prinzipien ein, nämlich die der Chancengleichheit:

Präzise gefertigte Scheibenräder kosteten damals wie heute bis DM 3000.- und waren und sind sicherlich nicht jedem Radsportler erschwinglich. Seine bereits vorhandenen Speichenräder zu verkleiden war hingegen für den Bastler für ein paar Mark machbar und käufliche Verkleidungen kosteten um die DM 100,-. Der UCI blieb also nichts anderes übrig als auch die Speichenrad-Verkleidungen zuzulassen. Heute hat sich diese Sturm im Wasserglas gelegt und der Radsportler kann praktisch mit jedwedem Laufrad zum Wettkampf erscheinen.

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Segeleffekt

 

Nebenbei bemerkt übertrieb jener Fancesco Moser seine techischen Hilfen dann doch noch einmal: Er ließ sich bei einem neuerlichen Rekrodversuch - sie lesen richtig - von einem Hubschrauber anschieben. Das Flugobjekt war angeblich zum Filmen des Rekordversuches aufgefahren worden und flog nun immer etwas versetzt hinter und über dem Rekordfahrer, so daß er von dem Rotorwind des Hubschraubers schräg von hinten auf die Scheibenräder angeblasen wurde und so mit "himmlischer Hilfe" seiner neuen Rekordmarke regelrecht entgegen segelte. Die Sache wurde jedoch ruchbar und der Rekord nicht anerkannt.

Das macht aber auch gleich eine Eigenheit der Scheibenräder deutlich: Vom Seiten/Rückenwind unter etwa 60 Grad von hinten angeblasen, entfaltet das Scheibenrad hervorragende Segeleigenschaften. Greift hingegen der Seiten/Gegenwind unter 60 Grad von vorn an, so steht das "Segel" in flascher Richtung und stellt ein größeres Hemmnis dar, als es durch die nicht vorhandene Luftzerhäxelung der Speichen einspart. Scheibenräder sind also mehr etwas für Windstille oder für die Bahn.

Hinzu kommt, das Seitenwind über den Hebelarm des Nachlaufes beim Vorderrad sozusagen in die Lenkung eingreift. Diese Krafteinwirkung ist zumindest bei großen, 26 und 28 Zoll Scheibenrädern als Vorderrad nur sehr schwer auszusteuern. Anders bei kleinen Scheibenrädern: Eine 20 Zoll Scheibe als Vorderrad besitzt weniger als die Hälfte der Fläche eines 28 Zöller, so daß per se schon einmal die Krafteinwirkung kleiner ausfällt. Hinzu kommt dann noch einmal, das die Windgeschwindigkeit in Bodennähe deutlich abnimmt ist. Andererseits sind kleine Scheibenräder nicht jedermanns Sache und verlangen ja außerdem nach speziellen Rahmen. Wie auch immer, nach einem regelrechten Boom in den 80er Jahren ist es etwas stiller um die Scheibenräder geworden. Das nun lag aber auch an der Entwicklung anderer windschnittiger Laufräder wie den Composit Wheels oder der Extremen- Tropfenfelgen. Dazu weiter unten mehr.

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Herstellung

 

In ihrer simpelsten Bauweise besteht eine "Scheibe" aus einem Schaum oder Wabenkern, der seitlich mit Kohlefasermatten beplankt wird. Naben und Felge werden dabei mit einander verbunden, oder besser gesagt eingebunden. Da in Nabenbereich die größte Belastung vorliegt, werden hier - von außen unsichtbar - noch zwei bis drei Mattenkreise eingelegt. Mit Harz getränkt, und in einer speziellen Form ausgehärtet, fixiert das Harz die Kohlefasern in Form und Lage und fertig ist die Scheibe.

Ganz so einfach ist das jedoch nun wieder auch nicht, denn die Form ist sehr teuer und muß ganz exakt angefertigt sein. Es gilt Nabe und Felge fluchtig und zentrisch aufzunehmen, sonst bekommt das spätere Scheibenrad einen Höhen- oder Seitenschlag. Zudem gilt es noch überschüssiges Harz herauszupresen oder abzusaugen, damit das Scheibenrad nicht an Stabilität verliert oder unnötig schwer wird. Aufwendigere Ausführungen besitzen eine ebenfalls aus Carbon gefertigte Nabe und Felge, um noch etwas Gewicht einzusparen.

Diese einfachen Scheibenräder warten von der Felge bis zur Nabe einen gleichbleibendem Querschnitt auf und besitzen einen holprigen Lauf. Das ist besonders in Kurven mit unebenen Straßenbelag unangenehm, weil dann die Laufräder dazu neigen seitlich wegzuspringen. Auf der Radrennbahn hingegen macht sich dieser mangelnde Fahrkomfort weniger störend bemerkbar. Später in den Handel gekommenden diskusförmige Scheibenräder sind bereits deutlich komfortabler, verglichen mit einem Speichenlaufrad aber immer noch "bockelhart".

Doch es geht natürlich noch besser: Das Neueste sind unter Spannung verleimte, sogenannte dynamische Scheibenräder. Vorreiter war hier Campagnolo mit einzelnen Kuchenstück-artigen Kevlarstreifen von der Nabe bis zur Felge verlegten Segmenten. Nebeneffekt dieser Bauweise: Mehr Fasern in radialer Richtung und damit mehr Seitenstabilität.

Noch einen Schritt weiter ging der Schweizer Bob Sticha. Er laminierte die Seitenflanken seiner Scheiben unter der Felgen an, so wie ja auch die Speichen mehr zur Felgenmitte orientiert sind. Außer einem noch angenehmeren Fahrverhalten (die Sticha-Scheibe fährt sich etwa wie ein besonders hart eingespanntes Speichenlaufrad) ist diese Scheibe mit einer geradezu sagenhaften Lebensdauer gesegnet. Über 30 000 Kilometer sind bereits mit den Schweizer Flundern zurückgelegt worden - ohne irgendwelcher Ermüdungserscheinungen.

Bei etwa gleichem Fahrverhalten glänzen die von den Dachauern Dirl und Obermeier hergestellten Ultec-Scheibe noch durch leichtere und elegantere Bauweise. Hier verbinden, Vorbild war wieder das Speichenrad, einzelne Kohlefaserstränge Felge und Nabe. Ein außen überlaminiertes hauchdünnes Glasfließ verhindert Beschädigungen der von einer Schaumlage noch auf räumlichen Abstand gehaltenen Kohlefaserstränge. Das Ultec-Scheibenrad ist damit nicht nur eines der leichtesten Scheibenrädern, sonderen wird auch in der zur Zeit wohl Carbon-spezifischste Bauweise hergestellt.

Dieser Abstand zweier tragender Elemente, die sogenannte Sandwichbauweise, bestimmt heute generell den konstruktiven Aufbau der Scheibenräder. Je eine Hälfte des Scheibenrades wird dabei in der Form vorgefertigt und in einem weiteren Arbeitsgang an Felge und Nabe zusammengeklebt. Natürlich gibt es mittlerweile auch Scheibenräder mit Drahtreifen-Felge. Hierbei gestaltet sich die Felgenausbildung per Carbon recht schwierig. Die Belastungen durch den mit acht oder gar 9 bar aufgepumpten Drahtreifen trachtet zudem danach die Felge zu sprengen, weshalb in diese Räder noch häufig echte Alu-Felge einlamieniert werden.

Scheibenräder gibt es mittlerweile in großer Fülle im Fachhandel. Der Preis reicht von ca. DM 1000 bis an die DM 3000,-. Ein Grund für viele Radler auf verkleidete Speichenräder zurückzugreifen, doch dazu weiter unten mehr.

Letztlich sei noch zu bemerken, daß sich der Besitzer eines neu erstandenen Scheibenrades an die lauten Abrollgeräusche der Scheibenräder gewöhnen muß: Die großen Seitenflanken stellen ideale Resonanzböden dar. Ketten- Reifenabroll- und Freilaufgeräusche werden dadurch drastisch verstärkt. Mit dem Scheibenrad sind Sie daher nicht nur eine augenfällige Erscheinung, man hört Sie auch. Verwechslungen mit Lastwagen oder gar Panzer sind also nicht ganz ausgeschlossen, doch für den Scheibenradfahrer ganz angenehm, man macht ihm Platz. Also dann: Freie Fahrt für die Scheibe.

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Laufradverkleidungen

 

Wie oben bereits ausgeführt, hat die UCI aus Gründen der Chancen-Gleichheit nun auch den Laufradverkleidungen ihren Segen gegeben. Gute Verkleidungen sind nicht nur preislich erschwinglich, sie stehen den Scheibenrädern in ihrer Windschnittigkeit um nicht nach. Mehr noch: Ein Speichenlaufrad ist spürbar elastischer als eine "Scheibe" und kann daher bei unebener Straße sogar schneller sein. Die größere Elastizität in vertikaler Richtung glättet Fahrbahn-Unebenheiten aus, es "rumpelt" weniger. Das nun bedeutet aus physikalischer Sicht weniger Auf und Ab (Energie also, die der Vorwärtsbewegung entzogen wird) und das macht sich bei Fahrgeschwindigkeiten um und über 40 km/h dann bei unebenem Straßenbelag sofort in Meter und Sekunden bemerkbar.

Erste Speichenverkleidung bestanden einfach aus einer Folie, die auf Felge und Speichenflansch aufgeklebt wurde. Gebremst wurde einfach auf der Folie, was bei einer steifen etwa 0,4 mm dicken Mylar-Folie etliche 100 Kilometer hielt. Professioneller sind die heute noch anzutreffenden dünnen Laminate aus Kevlar, die, mit Silikonkleber unter die Felgenkante geklebt, normales Bremsen zulassen und sich äußerlich kaum von echten Scheibenrädern unterscheiden. Auch die Geräuschentwicklung ist entsprechend.

Als "Renner" unter den Verkleidungen haben sich vor allem bei den Triathleten die Uni-Disk durchgesetzt. Ein Tuch aus Nylon, wird über einen Alu-Ring faltenfrei gespannt und die Fixierung an der Felge erfolgt mit kleinen Kunststoffadaptern. Die werden über die Speichenippel geklipst

und führen den Alu-Ring. Da es bei Regenfahrten dann doch hin und wieder zu Faltenbildungen kam (machte ein Nachspannen des Tuches nötig), wurde der Nylonstoff durch einen elastischeren "Stretch" ersetzt. Vorteil solcher Verkleidung: Noch kurz vor dem Start - sollte ein böiger Wind aufkommen - kann der Rennfahrer seine Verkleidung abnehmen und "nackt" sein Rennen bestreiten. Weiterhin "bollern" solche Laufräder nicht, da das gespannte Tuch keine Geräusche überträgt.

Das die Verkleidung mit dem Aluring oder einer Federspirale gleich von einer Spezialfelge aufgenommen wird, wäre die einfachste und eleganteste Lösung bei den Laufradverkleidungen und aerodynamisch gesehen auch günstiger als die störenden Adapter der Uni-Disk. Ansätze und Versuche dazu hat es übrigens bereits gegeben und werden von der Firma Kieber in Tacherting auch noch weiter verfolgt - bislang sind sie aber leider noch nicht zur Serienreife gelangt. Wahrscheinlich ist heute auch durch Composite Wheels und Co. der Markt für Laufradverkleidungen geschrumpft.

Apropos Schrumpfen: Das ist die billigste Methode, wie ein handwerklich etwas geschickter Radler zu einer Speichenverkleidung kommen kann. In eine kreisrund geschnitten Schrumpffolie (knapper Laufraddurchmesser mit Reifen) wird ein Loch für die Nabe geschnitten. Das Ganze seitlich auf das Laufrad legen und den Rand unter den Reifen verschwinden lassen. Mit der anderen Laufradseite dito verfahren. Dann die Folie erwärmen und nach deren Schrumpfung legt sich die Folie sauber an die Speichen und fertig ist die Verkleidung. Zum Luftnachpumpen reicht dann ein kleines in Ventilnähe eingebrachtes Loch, welches wie bei den Scheibenrädern für den Fahrbetrieb zugeklebt wird. Ein Reifenwechsel verlangt dann allerdings (Nachschrumpfen) erneute Bastelarbeit.

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Composite Wheels

 

Mehr oder weniger aus dem Manko der Seitenwindanfälligkeit von Scheibenräder heraus ist dieser Typ von Laufräder geboren worden. Die Fertigung verlangt ebenso wie die der Scheibenräder eine exakt gearbeitete Form und ist noch aufwendiger als die der vollflächigen Scheiben. Je nach Hersteller und Belastbarkeit sind Composite Wheels mit drei, vier oder gar fünf Speichen erhältlich. Optisch stellt dieses Hig Tech-Produkt mit seinen tropfenförmig geformten Speichen und den geschwungenen Übergänge der Speichen in Nabe und Felge die Scheibenräder in den Schatten. Bezüglich ihrer Windschnittigkeit kommen diese bisweilen auch Trispokes oder Aerospokes benannten Laufräder nahezu an die Scheibenräder heran, was ja auch der von Chris Boardman gefahrene neue Stundenweltrekord von 56,375 km unter Beweis stellte.

Composite Wheels bollern deutlich weniger als Scheibenräder besitzen aber, verglichen mit dem Speichenlaufrad, immer noch eine "gesunde Härte". Durch gekrümmte Speichen versucht man auch diesen Makel abzustellen. Der Erfolg ist jedoch weit geringer als es das Wunschdenken des Herstellers in die nebenstehende Skizze hinein interpretierte. Immerhin wird diese neueste Errungenschaft auf dem Sektor der Laufräder bereits von einigen Amateueren und Profis in normalen Straßenrennen eingesetzt. Der Sinn: Solange sich der Fahrer im Feld befindet genießt er ja den Windschatten seiner Vordermänner und kann mit weniger 50 % von dem Krafteinsatz der "Windbrecher" mit radeln. Ganz anders aber sieht es aus, wenn er einen Alleingang bestreitet, also vorn aus dem Feld heraus fährt. Ab diesem Moment fährt er quasi ein Zeitfahren und da wirkt sich natürlich jede Art von aerodynamische Hilfe günstig auf seinen Krafteinsatz oder seine Geschwindigkeit aus.

Technisch interessant dürfte noch die Patronenlagerung von Mavic sein. Bei diesem Lagerungstyp wird die komplette Nabe samt Lagerung in einer Patrone untergebracht, die dann schnell und ohne Lagereinstellung montiert werden kann. Patronenlagerungen haben sich bereits als Innenlager und Pedallagerungen erfolgreich durchsetzen können. Neu an der Mavic-Patronenlagerung: In Minutenschelle kann durch den Wechsel der Nabenpatrone ein Vorderrad zum Hinterrad und umgekehrt verwandelt werden kann.

Das, wie bereits gesagt, die Fertigung der Composite Wheels noch aufwendiger als die von Scheibenrädern ist, spiegelt sich auch im Preis wieder. Etwa DM 1200,- bis 3000,- müssen über den Ladentisch wandern, wenn man so ein Laufrad sein eigen nennen möchte.

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Extreme Tropfenfelgen

 

Diese zur Zeit windschnittigsten Speichen-Laufräder verdanken ihre aerodynamischen Vorteile einer extremen Tropfenfelge sowie minimierten Speichenanzahlen. Dieses Prinzip wurde bereits Ende der 80er Jahre von den Triathleten mittels langgezogener Carbon-Tropfenfelge realisiert. Der Durchbruch auf dem Markt aber gelang Campagnolo mit seinen Shamal-Laufrädern wobei der italienische Hersteller entschieden kostengünstigere Aluminiumflege einsetzten.

Die Ursachen der Windschnittigkeit dieser auch "Deep Rims" benannten Laufräder sind nicht etwa in der strömungsgünstigen Felge zu suchen, sondern einmal an der Speichenminimierung (12 Speichen für das Vorderrad und 16 Speichen für das Hinterrad), zum überwiegenden Teil aber darin, daß die Felge den oberen, Energie zehrenden Teil der Speichen abdeckt. Das nun hat folgende Gründe:

Der Luftwiderstand nimmt mit zunehmender Geschwindigkeit in der 2. Potenz - der Leistungsbedarf sogar in der 3. Potenz zu. Daher zehren die äußeren 6 Zentimeter der Speichen beim normalen Laufrad (Speichenippel mit eingerechnet) in etwa genau soviel Energie auf, wie die restliche Speichenlänge. Da die Speichen beim Abrollen des Laufrades im Bereich des Gabelkopfes annähernd in Fahrgeschwindigkeit nach vorne laufen, ist ihre Geschwindigkeit nahezu doppelt so hoch wie die Fahrgeschwindigkeit des Radfahrers. Genau hier "fackeln" also die Speichenlaufräder die meiste Energie ab. Die extremen Tropfenprofile mit einer Felgenhöhe von rund 45 mm decken nun wie gesagt einen Großteil der Speichenenden durch den langgezogenen Felgentropfen ab und der klotzige Speichenippel verschwindet ganz in der Felge.

Auch hierzu wieder eine kleine Überschlagrechnung: Gehen wir einmal von einem gut trainierten Zeitfahrer aus, der mit einer Geschwindigkeit von 45 km/h dahin kurbelt. Zu seinen 45 km/h addiert sich für den unten aus der Felge herausragenden Speichennippel noch die Geschwindigkeit, mit der er von hinten durch den Gabelkopf nach vorn verläuft. Ziehen wir von dem normalen Laufradradius von 33,5 cm nun 3,5 cm für Reifen und Felge ab, beträgt seine Vorlaufgeschwindigkeit:

45km/h x 30/33,5 = 40,3 km/h.

Zusammen mit der Fahrgeschwindigkeit macht das dann: 45 + 40,3 = 85,3 km/h.

Rechnet man nun den Leistungsbedarf eines einzigen Speichennippels (3,7 mm Durchmesser und 7 weit aus der Felge herausschauend) aus, so kommt man auf erstaunliche 0,165 W (Watt).

Sechs Zentimeter näher zur Nabe hin sieht es dann bereits anders aus. Die Geschwindigkeit eine dort kreiselnden Speichenstückes mit 2 mm Durchmesser und ebenfalls 7 mm Länge beträgt: 45 km/h x 24/33,5 = 32,2 km/h, seine Gesamtgeschwindigkeit demnach 45 + 32,2 = 77,2. Der Leistungsbedarf dieses Speichenstückes beträgt dann nur noch 0,066 W, also rund 40% von dem des Nippels.

Durch diesen Trick, gepaart mit der Speichenreduzierung und dem Einsatz von Säbelspeichen kitzeln die Deep Rims bei dem Windwiderstand eben so viel Nachlaß heraus wie die Composite Wheels. Das Schöne für den Verbraucher daran ist: Sie kosten nur rund die Hälfte und sind sowohl für Draht- wie auch für Schlauchreifen erhältlich. Extreme Tropfenfelgen aus Carbon, wie sie beispielsweise die amerikanische Firma Zipp offeriert, kitzeln sogar noch ein klein wenig mehr an Windnachlaß heraus als jene mit Alu-Felgen, da die Carbonfelgen noch "tiefer" gezogen sind und zudem gut 150 Gramm leichter sind. Dafür steigt dann aber gleich der Preis in die Höhe.

Extreme Tropfenfelgen verlangen nach einer ungewöhnlichen Einspeichung und nicht selten sogar nach Sonderspeichen. Der einfache Mechaniker ist hier häufig überfordert. Daher hat eine große Anzahl von Vertreibern gleich von vornherein ganze Laufradsätze in ihr Programm aufgenommen. Nur so kann der Hersteller sicher gehen, daß die Speichenspannung stimmt und keine Fehler beim Einspeichen gemacht werden. Eine Überprüfung des Autors kann dieses Vorgehen der Firmen nur bekräftigen: Die Deep Rims warten mit exelenten Rundlaufwerten auf, nicht selten lag der "Schlag" unterhalb von 0,2 mm.


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Copyright und redaktionelle Inhalte:
Dipl.Ing.FH Christian Smolik 1994 - 03.08.1999
technische Umsetzung:
Dipl.Ing.FH Jörg Bucher zuletzt am 18.05.2000